Vereinsknowhow - Kurzinfo:
100 Millionen Euro Bußgeldzuweisungen an gemeinnützige Organisationen

Trotz leerer Staatskassen weisen Gerichte und Staatsanwaltschaften gemeinnützigen Organisationen weiterhin hohe Geldauflagen zu.

(WRS Verlag Planegg, 1. September 2005)
Im letzten Jahr haben Gerichte und Staatsanwaltschaften gemeinnützigen Einrichtungen Geldauflagen in Höhe von ca. 100 Millionen EUR zukommen lassen. Dies geht aus einer aktuellen Umfrage des Fachinformationsdienstes Fundraising direkt hervor. Allein in NRW beliefen sich die in Ermittlungs- und Strafverfahren auferlegten Geldzahlungen auf 30 Millionen EUR.

"Das Bußgeldvolumen verhält sich analog zum Spendenmarkt. Es stagniert, mit einer leichten Tendenz nach oben", beschreibt Dr. Thomas Kreuzer, Herausgeber von Fundraising direkt und Geschäftsführer der Fundraising Akademie, die aktuelle Situation. Dabei würden immer mehr Vereine um Geldauflagen werben, die nach dem deutschen Strafrecht bei einer Einstellung der Verfahren den Beschuldigten auferlegt werden können. Richter und Staatsanwälte entscheiden in solchen Fällen, ob die Geldauflagen der Staatskasse oder gemeinnützigen Organisationen zufließen sollen.

Das Verhältnis von Geldauflagen zugunsten des Staates oder zugunsten gemeinnütziger Einrichtungen weist in den Bundesländern beträchtliche Unterschiede auf. In Rheinland-Pfalz schwankte die "Staatsquote" von 1997 bis 2003 zwischen 25 und 43 Prozent. In Baden-Württemberg lag sie von 1999 bis 2003 relativ konstant bei 20 Prozent. In NRW betrug die "Staatsquote" bis zu 41 Prozent. In Berlin gingen 2004 mit 3,16 Mio € rund 62 Prozent der Geldauflagen an die Justiz- und Landeskasse.

Die örtlichen Staatsanwaltschaften sind die häufigsten Zuweiser. Nur 14,7 % der Einstellungsentscheidungen wurden von einem Gericht getroffen.

Dr. Kreuzer: "Die in gemeinnützigen Organisationen verbreitete These, dass die Richter die wichtigste Zielgruppe für Bußgeldmarketing sind, kann durch unsere Umfrage nicht bestätigt werden. Die Staatsanwälte haben in den Jahren 2003/2004 insgesamt deutlich mehr Geldauflagen ausgesprochen."

Die bei den Gerichten geführten Bußgeldlisten werden umfangreicher und mehr Vereine profitieren von solchen Geldauflagen. Eine Entwicklung die auch im Spendenmarkt festzustellen ist: Immer mehr Einrichtungen wollen ein Stück vom insgesamt kaum größer werdenden Spenden-Kuchen.

Das bedeutet auch, dass einige Einrichtungen, die bislang großzügig bedacht wurden, jetzt weniger bekommen. "Die Tendenz scheint dahin zu gehen, dass kleinere Organisationen zu den Gewinnern zählen und die Großen, die dieses Feld in der Vergangenheit zu wenig bearbeitet haben, weil Sie auf den Bekanntheitswert ihrer Marke vertraut haben, verlieren", erläutert Dr. Thomas Kreuzer.

Grundsätzlich können alle gemeinnützigen Einrichtungen in den Genuss von Geldauflagen kommen. Dafür ist es unerheblich, ob eine Einrichtung auf einer "Bußgeldliste" steht oder nicht. Der Eintrag auf die Bußgeldliste ist aber sinnvoll und lässt sich unkompliziert und schnell bewerkstelligen. Mit der Eintragung auf der Liste hat eine gemeinnützige Einrichtung immerhin ein formelles Anerkennungsverfahren durchlaufen und Verpflichtungserklärungen hinsichtlich einer sorgfältigen Bußgeldverwaltung abgegeben. Bei der Verfahrenseinstellung brauchen die Staatsanwälte nur noch die Listennummer der gemeinnützigen Einrichtung eintragen. Alle weiteren Daten wie Kontonummer und Anschrift werden dann automatisch durch die Schreibstelle bei Gericht eingetragen. Das erspart den Staatsanwälten Arbeit und wer dann nicht auf der Liste steht hat schlechte Karten.

Zuständig für die Antragstellung sind die Oberlandesgerichte. Die Vorschriften, welche Unterlagen dem Antrag beizufügen sind, variieren in den einzelnen Bundesländern bzw. Gerichtsbezirken. Einige Gerichte haben die Antragsformulare im Internet als Download bereitgestellt.

Bei der Werbung um Geldauflagen gelten im Grunde genommen die gleichen Regeln, die auf die Gewinnung von Spendern zutreffen. "Wichtig ist, dass Vereine versuchen sollten, einen persönlichen Kontakt zu Staatsanwälten, Richtern oder den Dienststellenleitern aufzubauen. Für regionale Organisationen kann dies durch die Nähe zur Organisation bzw. zum Projekt leichter sein. Überregional oder bundesweit tätige Organisationen können Ehrenamtliche mit dieser Aufgabe betreuen, z. B. ehemalige Richter oder Rechtsanwälte" betont Dr. Kreuzer.

In der Oktober-Ausgabe von Fundraising direkt erläutern Experten die wichtigsten Voraussetzungen für die Eintragung in die Bußgeldlisten und geben zahlreiche Tipps für die erfolgreiche Werbung um Geldauflagen.

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