Vereinsknowhow - Kurzinfo:
Vereine in der Corona-Krise

Stand: 29.03.2020

Auch Vereine sind von der "Corona-Krise" massiv betroffen. Das gilt organisatorisch (inbesondere können Mitgliederversammlungen nicht statfinden) als auch finanziell.
Der Gesetzgeber hat schon reagiert und den Entwurf eines „Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ vorgelegt, der gleich zwei akute Probleme von Vereinen in der „Corona-Krise“ beheben soll: die Beschlussfassung ohne Versammlung und die automatische Amtszeitverlängerung, wenn keine Neuwahl des Vorstands möglich ist.

Gesetzesänderung zu Vereinfachung von Mitgliederversammlungen

Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der gleich zwei akute Probleme von Vereinen in der „Corona-Krise“ beheben soll: die Beschlussfassung ohne Versammlung und die automatische Amtszeitverlängerung, wenn keine Neuwahl des Vorstands möglich ist.

Der Entwurf eines „Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht“ soll noch diese Woche verabschiedet werden. Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat am Mittwochmittag einstimmig die Annahme des Gesetzentwurfs empfohlen (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/181/1918110.pdf).


Vom BGB abweichende Neuregelungen

Artikel 2, § 5 des Gesetzes gilt zunächst nur für Mitgliederversammlungen, die 2020 stattfinden, und hat folgenden Wortlaut:

(1) Ein Vorstandsmitglied eines Vereins oder einer Stiftung bleibt auch nach Ablauf seiner Amtszeit bis zu seiner Abberufung oder bis zur Bestellung seines Nachfolgers im Amt.
(2) Abweichend von § 32 Absatz 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kann der Vorstand auch ohne Ermächtigung in der Satzung Vereinsmitgliedern ermöglichen,
1. an der Mitgliederversammlung ohne Anwesenheit am Versammlungsort teilzunehmen und Mitgliederrechte im Wege der elektronischen Kommunikation auszuüben oder
2. ohne Teilnahme an der Mitgliederversammlung ihre Stimmen vor der Durchführung der Mitgliederversammlung schriftlich abzugeben.
(3) Abweichend von § 32 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist ein Beschluss ohne Versammlung der Mitglieder gültig, wenn alle Mitglieder beteiligt wurden, bis zu dem vom Verein gesetzten Termin mindestens die Hälfte der Mitglieder ihre Stimmen in Textform abgegeben haben und der Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit gefasst in Textform abgegeben haben und der Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit gefasst wurde.

Automatische Verlängerung der Amtszeit

Die meisten Vereinssatzungen sehen eine feste Amtszeit für den Vorstand vor – auch wenn das gesetzlich nicht erforderlich ist. Bei einer solchen Amtszeitbegrenzung empfiehlt sich eine Verlängerungsklausel, nach der der Vorstand bis zur Neuwahl im Amt bleibt. Leider fehlt diese Klausel in manchen Satzungen.

Das hat problematische Folgen: Die Amtszeit endet dann automatisch und der Verein ist ohne rechtmäßigen Vorstand. Leider führt das aktuelle Versammlungsverbot nicht selten zu genau diesem Zustand.

Artikel 2, § 5 Abs. 1 des Gesetzes ermöglicht, dass Vorstandsmitglieder auch nach Ablauf ihrer Amtszeit zunächst im Amt bleiben, d.h. eine Wieder- oder Neubestellung nicht zwingend erforderlich ist, um den Verein handlungsfähig zu erhalten.

Hinweis: Natürlich kann kein Vorstandsmitglied zur Fortsetzung des Amts gezwungen werden. Er müsste dann aber, wenn die Neuregelung in dieser Form in Kraft tritt, ausdrücklich zurücktreten. Dazu genügt eine formlose Erklärung einem anderen vertretungsberechtigten Vorstandsmitglied gegenüber.

Virtuelle Mitgliederversammlung

Dass eine virtuelle Mitgliederversammlung (d.h. mit internetzgestützten Kommunikationsmedien, wie z.B. Videokonferenz o.ä.) zulässig ist, hat die Rechtsprechung bereits bestätigt (Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 27.09.2011, I-27 W 106/11). Allerdings ist dafür bisher eine entsprechende Satzungsregelung unverzichtbar.

Artikel 2, § 5 Abs. 2 Nr. 1 soll virtuelle Versammlungen der Präsenzversammlung gleichstellen. Für gültige Beschlusse ohne Zusammenkunft der Mitglieder ist dann weder eine besondere Satzungsgrundlage noch – wie bei der bisherigen schriftlichen Beschlussfassung – die Zustimmung aller Mitglieder erforderlich. Nach § 28 BGB würde diese Regelungen auch für Vorstandsitzungen gelten.

Hinweis: Ungeklärt ist aber die Frage, ob das umstandslos auch für Vereine gilt, bei denen einen nennenswerte Zahl von Mitgliedern nicht über die Voraussetzungen für eine Teilnahme an einer virtuellen Versammlung verfügt (fehlende technische Ausstattung und Kenntnisse). Dann kann eine virtuelle Versammlung eine „besondere Erschwernis“ für die Teilnahme darstellen und die Beschlüsse zwar nicht nichtig (von vornherein unwirksam), aber anfechtbar machen.

Unser Tipp: Im Zweifel sollte dann – die künftig mögliche – vereinfachte schriftliche Beschlussfassung gewählt oder die virtuelle Versammlung zumindest dadurch ergänzt werden.


Schriftliche Beschlussfasssung wird vereinfacht

Auch die schriftliche Beschlussfassung soll durch die Neuregelung vereinfacht werden. Bisher verlangt § 32 Abs. 2 BGB bei einer schriftlichen Beschlussfassung die Einstimmigkeit. Es müssen also alle Mitglieder dem Beschluss zustimmen. Bereits eine einzige Enthaltung führt zum Scheitern des Beschlusses.

Das soll sich durch Artikel 2, § 5 Abs. 3 des Gesetzes ändern. Danach ist ein Beschluss ohne Versammlung der Mitglieder gültig, wenn alle Mitglieder beteiligt (also angeschrieben) wurden und bis zu dem vom Verein gesetzten Termin mindestens die Hälfte der Mitglieder ihre Stimmen in Textform abgegeben haben. Es gelten die üblichen Mehrheitserfordernisse – also in den meisten Fällen eine einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen

Verlangt ist nur die Textform. Es ist also keine Unterschrift erforderlich. Damit kommen für die Beteiligung an der Abstimmung auch E-Mail und andere elektronische Textmedien (z.B. SMS oder WhatsApp) in Frage.

Zusätzlich wird es durch Abs. 2 Nr. 2 möglich, dass einzelne Mitglieder ihre Stimmen im Vorfeld einer (virtuellen oder physischen) Versammlung schriftlich abgeben. Es sind so auch Mischformen aus virtueller Versammlung und schriftlicher Beschlussfassung möglich. Das gilt auch für Vorstandssitzungen.

Unser Tipp: Das Webinar "MV und Beschlussfassung im Verein in Zeiten von Corona" beschäftigt vertieft mit den o.g. Themen.

Weitere vereinsrechtliche Fragen zur Corona-Krise

Rechtfertigt die Coronakrise einen sofortigen Vereinsaustritt?

Zunächst gilt: Ein fristloser Vereinsaustritt ist nur aus wichtigem Grund möglich. Das Verbleiben im Verein muss für das Mitglied unzumutbar sein. Unzumutbar sind hier i.d.R. nur die Beitragszahlungen, weil meist keine anderen Pflichten gegenüber dem Verein bestehen.

Entfallen die Leistungen, die der Verein seinen Mitgliedern anbietet, kann das grundsätzlich ein Grund für eine fristlose Kündigung der Mitgliedschaft sein. Da die entsprechenden Veranstaltungen aber behördlich untersagt sind, hat der Verein kein Verschulden.

Auch aktuell kommt also in aller Regel nur eine ordentliche (fristgemäße) Kündigung in Frage.


Können Mitglieder Beiträge zurückfordern und zurückhalten?

Die Beitragspflicht der Mitglieder ergibt sich aus der Mitgliedschaft. Beiträge sind kein Entgelt für bestimmte Leistungen des Vereins. Die Rechtsprechung hat deswegen eine Rückzahlungspflicht von Mitgliedsbeiträgen auch bei fristloser Kündigung aus wichtigem Grund überwiegend verneint.

Kann ein Verein wegen der behördlichen Verbote seinen Betrieb nicht aufrechterhalten, entsteht daraus kein Recht auf Rückforderung von Beiträgen oder die Zurückbehaltung fälliger Beitragszahlungen.

Ein Vereinsmitglied kann die Zahlung von Mitgliedsbeiträgen grundsätzlich nicht mit der Begründung verweigern, es sei in seinen Mitgliedsrechten verletzt worden.
Auch ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB scheidet aus. Die aufgrund des Mitgliedschaftsverhältnisses geschuldeten Geldleistungen können nicht mit der Begründung verweigert werden, der Vorstand oder sonstige Vereinsorgane hätten ihre Pflichten nicht erfüllt. Denn der Verein ist zur Erfüllung des Vereinszwecks darauf angewiesen, über die laufenden Zahlungen der Mitgliedsbeiträge die hierfür erforderlichen finanziellen Mittel zu erhalten (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 22.08.2019, 3 U 151/17).

 

Vereine als Arbeitgeber

Finanzhilfen speziell für Vereine gibt es bisher nicht. Aus der Politik kommen aber bereits entsprechende Forderungen, weil sich die bisherigen Hilfspakete nur an Wirtschaftunternehmen und Solo-Selbstständige richten.

Lohnfortzahlung

Wurde ein Arbeitnehmer wegen einer Infektion von der Arbeit freigestellt, müssen gemeinnützige Organisationen den Arbeitslohn – wie sonst im Krankheitsfall auch – weiterzahlen. In Fällen, in denen die Behörde einen einzelnen Arbeitnehmer unter Quarantäne gestellt hat, kann zumindest von der Behörde eine Erstattung der Lohnfortzahlungen verlangt werden. Für die Arbeitsverhinderungen aufgrund der Pflege von infizierten Kindern von Beschäftigten gelten die allgemeinen Regelungen.


Kurzarbeit

Grundsätzlich können auch gemeinnützige Organisationen Kurzarbeit anordnen. Das gilt jedenfalls dann, wenn – bei wirtschaftlichen Tätigkeiten – Einnahmen wegbrechen.

Auch das Kurzarbeitergeld ist für Gemeinnützige grundsätzlich zugänglich. Dazu muss ein Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegen. Das ist der Fall bei behördlich angeordneten Maßnahmen oder wirtschaftlichen Ursachen (Auftragsmangel usf.). Nicht in Frage kommt Kurzarbeitergeld also, wenn der Verein die entsprechenden Stellen aus Zuschüssen finanziert.

Voraussetzung für das Kurzarbeitergeld ist, dass rückwirkend zum 1. März 2020 bis Ende 2020 mindestens 10 % der beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Entgeltausfall von mehr als 10% haben.

Kurzarbeitergeld wird aber nur für ungekündigte sozialversicherungspflichtige Beschäftigte bezahlt.


Stundung der Sozialversicherungsbeiträge

Wenn ein Verein in Folge der Corona-Krise in Schwierigkeiten gerät, ist eine Stundung der Sozialversicherungsbeiträge möglich.

Voraussetzung ist, dass der Verein ernsthafte Zahlungsschwierigkeiten hat oder im Falle der sofortigen Einziehung der Beiträge in solche Schwierigkeiten geraten würde.

Auf Antrag des Arbeitgebers bnei der Einzugsstelle (Krankenkasse) können die bereits fällig gewordenen oder noch fällig werdenden Beiträge zunächst für März bis April 2020 gestundet werden. Stundungen werden längstens bis zum Fälligkeitstag für die Beiträge des Monats Mai 2020 gewährt. Auch Stundungszinsen, Säumniszuschläge und Mahngebühren werden nicht berechnet.

 

Finanzielle Hilfen und Entlastungen

Verein sine vielfach auch als Arbeitgeber von der Krise betroffen.

Einige zugesagte Hilfen gelten aber auch für Vereine. Bisher liegt nur aus NRW eine Ankündigung von Hilfen speziell für Vereine vor.
Ob die von der Bundesregierung zugesagten Soforthilfen auch für Verein gelten, ist nicht geklärt. Da sie sich auf allen Wirtschaftsbereiche beziehen, kommt wirtschaftliche tätige Vereine aber grundsätzlich in Frage. Einschränkungen bei der Rechtsform gibt es jedenfalls nicht (www.bundesfinanzministerium.de/url/Eckpunkte-Soforthilfe.html).

Hinweis: Die von den Bundesländern bereitgestellten Antragsformulare sind recht kurz gehalten. Es lohnt sich sicher, die Beantragung zu versuchen.


Gibt es steuerliche Entlastungen für Vereine?

Die zugesagten steuerlichen Erleichterungen für Unternehmen gelten grundsätzlich auch für Vereine. Möglich ist:

  • die Stundung von Steuerschulden.
  • Die Anpassung von Steuervorauszahlungen, wenn sich zeigt, dass die steuerpflichtigen Einkünfte im laufenden Jahr voraussichtlich geringer sein werden,
  • der Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen

In der Regel wird das aber keine große Rolle spielen, weil gemeinnützige Vereine meist keine oder nur geringe Steuerzahlungen leisten.


Sofortmaßnahmen der Gema

Die Gema hat angekündigt, dass für Lizenznehmer alle Verträge ruhen, solange die Eirichtungen den Betrieb aufgrund behördlicher Anordnungen schließen müssen. Es entfallen während dieses Zeitraums die GEMA-Vergütungen.
(https://www.gema.de/musiknutzer/coronavirus-kundenunterstuetzung/)


Wenn es ganz schlimm kommt: Insolvenzantrag stellen

Auch (gemeinnützige) Vereine sind insolvenzfähig. Ein Insolvenzantrag muss gestellt werden, sobald Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung oder drohende Zahlungsunfähigkeit vorliegt.

Allerdings sollen die Insolvenzantragspflicht und die Zahlungsverbote werden bis zum 30. September 2020 ausgesetzt werden (Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht).
Ein Insolvenzantrag sollte dennoch gestellt werden, wenn sich abzeichnet, dass sich die Folgen der Krise nicht wieder auffangen lassen.

Für Vorstände von Vereinen gibt es keine bestimmte Frist, innerhalb derer der Insolvenzantrag gestellt werden muss. Sie machen sich auch nicht wegen verspäteter Antragstellung strafbar. Vereinsvorstände haften aber u.U. für durch eine verspätete Insolvenzantragstellung entstandene Schäden persönlich.

Unser Tipp: Das Webinar "Corona und die Auswirkungen auf die Vereinsarbeit" beschäftigt vertieft mit den o.g. Themen.

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